Atoll: Marken intuitiv positionieren durch Musik
Kaum etwas ist für Markenverantwortliche so allgegenwärtig wie das Wort «emotional». Und über kaum etwas wird so undifferenziert gesprochen. Wohl auch deshalb, weil ein intuitives Werkzeug fehlt, das den umfassenden, gezielten und verbindlichen Austausch über den emotionalen Kern von Marken fördert.
Genau das will Plek ändern – ein musikbasiertes Strategie-Tool, das die Kommunikationsagentur Atoll entwickelt hat. Es setzt Forschungsergebnisse der Universität Berkeley, Arbeiten des Psychologen Lauri Nummenmaa und die Wertetheorie von Shalom Schwartz in Beziehung zu Musikstücken, bereitgestellt von Audio Network. All dies mit dem Ziel, unterschiedlichste Ausdrucksweisen von Marken auf neue Art zugänglich und vergleichbar zu machen.
Organisiert als semantischer Raum
Herzstück des Plek-Ansatzes ist eine Karte, die einen zweidimensionalen semantischen Raum aufspannt. Die zwei Ebenen der Karte sind präzise aufeinander abgestimmt: Begriffe für Emotionen (bzw. Motive oder Werte) decken sich mit Musikstücken (beim Erkunden der Karte abspielbar).
Auswahl und Verteilung der Begriffe und Musikstücke basieren auf empirischen Untersuchungen, in denen Testpersonen beschrieben, in welchem Mass sie eine bestimmte Musik mit bestimmten Gefühlen verbinden.
Die Aussagen konnten mit statistischen Verfahren in Verwandschaftsgrade und damit in konkrete Abstände zwischen Datenpunkten auf der Karte umgerechnet werden. Emotionen und Musikgenres sind umso unvereinbarer, je weiter sie voneinander entfernt liegen.
Die Darstellung als Kontinuum berücksichtigt die Erkenntnis, dass emotionales und musikalisches Erleben keine klar getrennten Cluster bildet, sondern vielmehr von nahtlosen Übergängen und komplexen Mischungen geprägt ist.
Universalsprache Instrumentalmusik
Warum Musik? Musik ist eine abstrakte Form der Kunst, sie repräsentiert nichts Gegenständliches. Trotzdem ist Musik expressiv. Sie wird von Menschen erstens als Zeichen mit Bedeutung gelesen und zweitens auch mit Gefühlen verbunden. Je abstrakter ein Symbol, desto zielgerichteter wirkt seine semantische Kraft.
Insbesondere Instrumentalmusik ist deshalb hervorragend geeignet, um emotional aufgeladene Bedeutungen mit hoher Zuverlässigkeit zu transportieren. Anders als Bilder, die schnell Kaskaden von Assoziationen auslösen, die sich semantisch kaum steuern lassen.
Emotionale Bedeutungen vergleichen
Durch die Brille des Tools betrachtet lassen sich Ausdrucksweisen von Marken wie Mission Statements oder Werbefilme im selben semantischen Raum grafisch lokalisieren und so vergleichbar machen. Musik ist zwar der Bezugsrahmen, in dem hier über Marken gesprochen wird, das bedeutet jedoch nicht, dass die zu untersuchenden Ausdrucksweisen selbst immer Musik sind. Sie können, müssen aber nicht.
Im Gegensatz zu Sound Branding zielt der Plek-Ansatz nicht auf etwas ab, das in der Markenkommunikation als akustisches Element stets hörbar gemacht werden müsste. Akustische Mittel dienen zuallererst dazu, das Wesen von Marken zu beschreiben und auf neue Art diskutierbar zu machen. Theoretisch unabhängig von Kommunikationsdisziplinen oder -inhalten.
Bewertung von Markenaspekten
Das Erstellen eines Plek-Profils für eine Marke oder auch eine ganze Branche besteht aus zwei Assessment-Schritten.
Einerseits werden öffentlich zugängliche Aussagen zur strategischen Positionierung einer jeweiligen Marke den passendsten Bereichen auf der Plek-Karte zugeordnet («how the brand thinks»).
Andererseits wird analysiert, wie sich die Marke tatsächlich ausdrückt. Bevorzugt anhand von Musik in Werbespots oder Unternehmensfilmen. Nicht zuletzt weil Musik in der Karte als Ebene bereits vorhanden ist, was die Zuordnung vereinfacht. Die Einschätzung wird schliesslich ebenfalls als Punkt bzw. Zone auf der Karte markiert («how the brand acts»).
Neue Insights generieren
Der Vergleich der meist in Schriftform fixierten Markenessenz mit dem effektivem Auftritt, in dem Musik oft die von Unternehmen strategisch am wenigsten kontrollierte Dimension darstellt, ermöglicht neue Fragestellungen und Erkenntnisse.
Welche Marke «handelt» so, wie sie «denkt»? Und in welchen Fällen hat die Positionierung einer Marke einen anderen emotionalen Schwerpunkt als der Tenor dessen, was sie werblich kommuniziert? Führt das überhaupt zu echten Widersprüchen oder wird es womöglich dadurch legitimiert, dass immer neue Storys auch immer andere passende Emotionen bedienen müssen?